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Ein sensationelles Abenteuer in Nordgrönland

Die Fram II-Expedition: Ein sensationelles Abenteuer in Nordgrönland Dank dem weltbekannten Entdecker Otto Sverdrup und seiner Besatzung wurde die Fram II-Expedition zu einer der erfolgreichsten Expeditionen in der Geschichte.

Lesedauer 7 Minuten


Nach einem ereignisreichen Leben, das Otto Sverdrup der Erforschung der Meere widmete, hinterlässt der „König der arktischen Schifffahrt“ ein bleibendes Vermächtnis. Er galt – auch in den langen Wintermonaten – als beständiger und zuverlässiger Kapitän.

Neben Fridtjof Nansen und Roald Amundsen ist Otto Sverdrup die dritte norwegische Größe in der Polarforschung. Zusammen mit Fridtjof Nansen durchquerte er Grönland im Jahr 1888 auf Skiern. Auf dem Expeditionsschiff Fram bewiesen die beiden Entdecker, dass ein Schiff durch die Meeresströmung getrieben das Nordpolarmeer durchqueren kann.

Als Otto Sverdrup im Jahr 1898 zu seinem dritten Abenteuer aufbrach, sollte ihn die Expedition mit seiner 15-köpfigen Besatzung in bislang unentdeckte Gebiete Grönlands führen. Heute gilt sie als eine der wichtigsten Expeditionen in der Geschichte.

Abenteuer

Nachdem die erste Fram-Expedition mit Fridtjof Nansen erfolgreich verlaufen war, zeigten sich auch Investoren an Sverdrups Vorhaben interessiert. Zu diesem Zeitpunkt stand Norwegen kurz davor, seine Union mit Schweden aufzulösen. Nationalhelden wie Nansen und Sverdrup hatten für Norwegen somit eine besonders große Bedeutung. Die Brauereibrüder Amund und Ellef Ringnes sowie Axel Heiberg steuerten so einen Betrag von 220.000 NOK bei. Auch der norwegische Staat beteiligte sich mit 20.000 NOK an Reparaturarbeiten und notwendigen Modernisierungen. Am 24. Juni 1898 verlässt die Fram den Hafen mit 15 Männern an Bord: fünf Wissenschaftler, darunter der Geologe Per Schei, der Kartograph Gunnar Isachsen, der Zoologe Edvard Bay und der Botaniker Herman G. Simmons sowie die weitere zehnköpfige Besatzung. Neben der Erkundung von Nordgrönland und der Inseln nördlich von Kanada ging es bei diesen Expeditionen auch um die Erforschung der Meerestiefe sowie der dortigen Flora und Fauna.

Das Schiff

Doch bevor wir uns gemeinsam auf die Reise begeben, dürfen wir eines nicht vergessen: das Schiff an sich. Die Fram ist nämlich nicht irgendein Schiff. Das Expeditionsschiff wurde speziell nach Nansens Vorgaben gebaut – stabil auf dem Eis und stabil auch unter extremen Bedingungen sollte sie sein. Denn die Schwachstelle anderer Expeditionsschiffe lag oft in ihrer Bauart. Durch den Eisdruck wurden sie in die Tiefe gedrückt und so zerstört. Die Form der Fram kam dagegen der einer Kokosnuss nahe. Sie war so konzipiert, dass das Schiff durch den Eisdruck angehoben wurde und so im Eis driften konnte. Der heutige Geldwert der Fram läge bei über 18 Millionen NOK.

Bevor die Männer zu ihrer nächsten Expedition aufbrachen, wurde das Schiff für Umbauarbeiten in das norwegische Larvik gebracht. Für etwas mehr Komfort an Bord erhielt die Fram hier ein neues Deck, einen Salon sowie zusätzliche Kabinen. Ironischerweise war die Fram für eine Sache nicht gemacht: lange Seereisen auf dem offenen Meer. Ihre wannenartige Form führte nämlich offenbar dazu, dass die Besatzung stark seekrank wurde. Im Namen der Wissenschaft

Eisbärensteak

Bevor der erste Winter während ihrer Expedition anbricht, steuert die Fram den Süden Grönlands über Egedesminde, Godhavn und Upernivik an. Mit an Bord sind 75 Grönlandhunde, Vorräte, Kohle, Wasser und Lebensmittel – Sverdrup verließ sich im Rahmen seiner Expeditionen gerne auf die starken und gutmütigen Grönlandhunde.

Die Besatzung geht regelmäßig auf die Jagd, um sich auf die kalten Monate vorzubereiten – auf der Speisekarte stehen da schon mal Moschusochse und Eisbär. Die Hunde bekommen Futter aus Walross- und Robbenfleisch. Die Wasserstraße Kane Basin wird in diesem ersten Winter zum Base Camp. Vor ihnen liegt die bis dato unerforschte Ellesmere-Insel mit einer Größe von fast zwei Drittel der Größe Norwegens.

Ein Wettlauf

Nun könnte man meinen, dass sich bis auf die Besatzung der Fram keine weiteren Menschen in dieser abgelegenen Polarlandschaft befanden. Doch weit gefehlt. Um die Jahrhundertwende ist die Welt nämlich im Polarfieber. So trifft Otto Sverdrup zufällig auf den amerikanischen Polarforscher Robert Peary, der ebenfalls auf dem Eis unterwegs ist. Genauer gesagt befand sich dieser gerade auf einer Expedition zum Nordpol.

Das bringt Otto Sverdrup auf die Idee … – sollte er dem vielleicht auch einen Versuch geben? Die Vorstellung, als Erster den Nordpol zu erreichen, ist durchaus verlockend, zumal die Fram ideal dafür geeignet und auch genug Proviant und Hundeschlitten vorhanden waren. Doch aus der Idee sollte nichts werden. Ließ Sverdrup das Vorhaben aus Respekt vor Peary sein? Oder war ihm vielleicht die Konkurrenz zu stark? Peary lichtete jedenfalls bald wieder die Anker und war schließlich der erste Mensch am Nordpol – der Preis hierfür waren sieben erfrorene Zehen.

Entdecker

Große Entdeckungen gehen auf Otto Sverdrup und seine Besatzung zurück. Die Sommer verbringen sie damit, Eis und Inseln kartografisch zu erfassen, zu jagen sowie wissenschaftliche Daten, Pflanzen und Fossilien zu sammeln. Auf einer ihrer Kartierungsexkursionen machen sich drei Gruppen auf den Weg, um unerschlossene Landflächen zu finden. Insgesamt haben sie 54 Hunde bei sich.

So entdecken Otto Sverdrup und Ivar Fosheim eine Insel, die sie „Axel Heiberg“ nennen. Auch Isachsen und Hassel stoßen auf zwei Inseln, die sie nach dem dänischen König Christian und nach Ellef Ringnes benennen, der die Expedition finanziert hatte. Die Ellef Ringnes Island ist eine über 11.000 Quadratkilometer große Insel. Es gelingt Isachsen und Hassel, die gesamte Küstenlinie kartografisch abzubilden – eine immense Leistung.

Das Leben im grönländischen Eis brachte auch den Erfindergeist der Besatzung zum Vorschein. So entstand zum Beispiel eine neue Art von Gaskocher, mit dem nicht nur Schnee geschmolzen, sondern gleichzeitig auch Lebensmittel zubereitet oder Wasser zum Kochen gebracht werden kann. Auch entstand hier die Idee für eine neue Zeltart mit doppelter Plane, um zu verhindern, dass der geschmolzene Frost in das Zelt tropft.

Gefahren

Wer sich zu der damaligen Zeit zu einer Expedition aufmachte, stellte sich in der Regel auf drei Winter im Eis ein. Dies lag zum einen daran, dass die Erhebung wissenschaftlicher Daten sehr zeitaufwändig war, zum anderen blieb immer nur ein kurzes Zeitfenster während des Sommers, um längere Strecken auf dem Wasser zurückzulegen. Die Abenteurer wussten, wie gefährlich die langen, kalten und dunklen Winter sein konnten. Dennoch waren sie nicht vor traurigen Tragödien gefeit. Innerhalb von drei Monaten starben zwei Mitglieder der Fram-Besatzung: Der Arzt Johan Svendsen erschoss sich während einer Schlittenexpedition auf dem Festland in seinem Zelt. In einem Brief beschreibt er seine düsteren Gedanken und offenbart, er habe Morphium und Kokain konsumiert. Kurze Zeit später stirbt auch der Handwerker Ove Braskerud an einer Lungenentzündung. Die Trauer legt sich nach diesen Vorfällen wie ein Schatten über die Besatzung. 

Rekordverdächtige Kälte

Im dritten Winter bleibt die Fram im Gaasefjord südwestlich der Ellesmere-Insel im Eis stecken. Nach einer Zeit voller Entbehrungen, dem Verlust von Freunden und einer Beinahe-Katastrophe, bei der wohl Feuer und Dynamit eine Rolle spielten, lichtet sich die Stimmung jedoch zunächst wieder auf dem Schiff. So verbringen die Expeditionsmitglieder mit frisch zubereitetem Essen, lautem Becherklang und Gesang ein gemeinsames Weihnachtsfest an Bord der Fram – Skorbut zählte also erst einmal nicht zu den Problemen an Bord. Dieser Winter wird der bisher kälteste sein, mit Temperaturen von bis zu –60 °C.

Und auch unter der Eisoberfläche lauern Gefahren. Durch die rekordverdächtige Kälte wurde das Eis nämlich noch dicker. Als der Frühling kommt, wird Sverdrup klar, dass er und die Besatzung es nicht mehr rechtzeitig in die Heimat schaffen werden. Selbst Sprengstoff kann sie nicht vor Einbruch eines neuen Winters aus ihrer misslichen Lage befreien. So verbringt die Besatzung der Fram einen vierten Winter im Antarktischen Meer. 

Eine neue Ära

Als Otto Sverdrup und seine Expeditionsmitglieder im Frühling 1902 ihre Heimat erreichen, bringen sie auch eine beträchtliche Menge potenzieller Forschungsergebnisse mit. Über 50.000 wertvolle Proben konnten zurückgebracht werden, darunter 2.000 Proben wirbelloser Tiere, Gesteine, Fossilien und Unmengen von Plankton. Auch kann die Besatzung Daten zu Eis, Erdmagnetismus und den Temperaturen in Polargebieten präsentieren.

Norwegische, russische, schwedische, deutsche und britische Forscher beeilen sich, die Proben zu untersuchen. Die Heimkehr der Fram ist zugleich auch der Beginn einer neuen Ära, in der verschiedene Länder und Wissenschaftsbereiche innerhalb der Forschung verstärkt miteinander zusammenarbeiten. Drei Jahre später löst sich die Union zwischen Schweden und Norwegen schließlich auf. In den Jahren darauf und bis ins Jahr 1926 werden nicht weniger als 39 wissenschaftliche Dissertationen auf der Basis der durch die Fram gelieferten Erkenntnisse verfasst. 

Erinnerungen an große Abenteuer

Was würde Otto Sverdrup wohl heute sagen, wenn er wüsste, dass Reisende mit Hurtigruten Expeditions auf seinen Spuren in denselben Gewässern wie damals er auf der Fram II-Expedition wandeln? Vielleicht würde er von wahrem Entdeckergeist sprechen und Seemannsgeschichten über den Wettlauf zum Nordpol raunen. Vorstellbar ist auch, dass er von dem Pioniergeist, den Küstenlandschaften, den herrlichen Frühlingstagen in Grönland und nicht zuletzt der Kameradschaft an Bord der Fram erzählen würde.

Und möglicherweise würde er uns Gut Wind und immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel für eine erfolgreiche Expedition wünschen. 

Verfasserin: Ingvild Telle

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Penguins perched on the ice of Cuverville Island, Antarctica. Credit: Espen Mills / HX Hurtigruten Expeditions

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